Fahrplanwechsel 1988
Samstag, 22. Oktober 1988

Streckeneröffnung nach Markendorf
Streckeneröffnung nach Markendorf

Die Frankfurter Straßenbahn erfährt die größte Streckenerweiterung ihrer Geschichte. Die Straßenbahn erreicht Markendorf. Die Linien 3 und 4 werden zum neuen Endpunkt Halbleiterwerk verlängert. Neu eingeführt wird die Linie 7. Auch im Bussektor gibt es Verbesserungen. Das Angebot im Stadtverkehr wird deutlich aufgewertet. Mit Bussen statt Straßenbahnen wird die Linie 2 bedient, die Gleise zum Westkreuz sind zu marode. Erst vier Jahre später wird die Strecke saniert sein.

Fahrplan Stadtverkehr 1988/91
(22.10.1988-21.06.1991)

Nach vier Jahren Bauzeit war es soweit: das Staatsfernsehen der DDR und viele Frankfurter fuhren erstmals mit der Straßenbahn nach Markendorf. Auch ein Eröffnungsband wurde zerschnitten. Unspektakulär gingen um 4.24 Uhr nur sieben Fahrgäste mit der ersten Linie 4 (Tw 211+Tw 212) ab der Kopernikusstraße auf die neue Strecke. Mit 5,6 km war sie im Jahr 1988 die längste Straßenbahn-Neubaustrecke der DDR. 70.000 Kubikmeter Erde wurden bewegt, ein neues Umspannwerk und zwei Brücken gebaut. Dazu wurden vier neue Haltestellen eingerichtet:
Friedenshöhe (2007-2014 Conergy SolarModule, 2014-2019 Astronergy Solarmodule)
Markendorf, Siedlung
Ⓗ Bezirkskrankenhaus (seit 1991 Klinikum) und
Ⓗ Halbleiterwerk (seit 1991 Markendorf)

Ab der Unterquerung der B87 östlich des Ortsteils Markendorf, Siedlung ist die Strecke mit Hochkettenfahrwerk überspannt. Die Endhaltestelle Halbleiterwerk ist großzügig ausgebaut. Ein Ankunftsgleis und drei Abfahrtsgleise in die Stadt (für jede Linie ein Gleis) sowie eine teils dreigleisige Wendeschleife am westlichen Ortsrand von Markendorf sichern die Leistungsfähigkeit der Strecke. 2011 wurde die Endhaltestelle deutlich verkleinert. In den Spitzenstunden fuhren die Bahnen alle 3 bis 4 Minuten. Knapp 4.000 Plätze pro Spitzenstunde und Richtung wurden dabei angeboten. Und doch waren einzelne Fahrten notorisch überlastet. In Betrieb genommen werden auch zwei Ampeln, an der Wildbahn in Markendorf und an der Zufahrt zum Klinikum. Sie gingen bereits einige Tage vor Aufnahme des Linienbetriebes in Dienst und waren von Anfang an mit einer Vorrangschaltung für die Straßenbahn ausgestattet. Die Straßenbahn überquert die Autobahn A12 auf einer eigens für sie errichteten Brücke. Die Bundesstraße B87 unterquert sie in einer neu errichteten Unterführung. Die Autobahnbrücke musste 2017 wegen Betonkrebsschäden abgerissen und neugebaut werden.

Hinter dem Stadtteil Neuberesinchen wurde an der Güldendorfer Straße eine siebengleisige Abstellanlage in Betrieb genommen. Sie wurde später um fünf Gleise erweitert. Die Anlage war die Keimzelle für den späteren Betriebshof Neuberesinchen, der 1999 schließlich eröffnet wurde. Die Anzahl der Weichen im Gesamtnetz stieg um 50 % von 70 auf 105. 43 Kilometer Gleise waren fortan vorhanden.

Straßenbahn

Mit der Streckeneröffnung wurden einige Linien angepasst, die Linie 7 wurde zwischen Halbleiterwerk und Neuberesinchen neu eingerichtet. Die Strecke Platz der Republik (heute Zentrum) - Westkreuz (heute Messegelände) musste wegen des maroden Gleisbetts stillgelegt werden. Der neue Fahrplan brachte neben der Einbindung der Neubaustrecke viele Verbesserungen.

Starre Takte wurden konsequent umgesetzt. Parallel fahrende Linien fuhren so versetzt, dass der Takt optimal halbiert wurde. Bisher endete der 15-Minuten-Takt am Wochenende am Sonnabend um 12 Uhr. Jetzt fahren Bahnen und Busse sonnabends und sonntags von 5 bis 20 Uhr im 15- statt 20-Minuten-Takt. Auch werktags wurde von einem 10- bis 15-Minuten-Grundtakt auf einen strengen 15-Minuten-Takt gewechselt. Durch Verstärkerlinien wurde aber von 5 bis 20 Uhr auf allen Strecken außer zum Stadion und zum Halbleiterwerk mindestens ein 7-8-Minuten-Takt gefahren.

Alle Tatrabahnen wurden auf der Strecke nach Markendorf eingesetzt, so dass die Linien 1, 3, 5 und auch wieder die Linie 6 mit Gotha- und Reko-Zweiwagenzügen befahren wurden. Linie 4 fuhr typenrein mit KT4D-Doppeltraktionen, auf Linie 7 fuhren sowohl KT4D-Doppeltraktionen als auch Zweiachser-Züge. Da am Stadion noch immer keine Wendeschleife vorhanden ist, wird die nun zum Stadion fahrende Linie 5 ausschließlich mit Zweirichtungsfahrzeugen bedient. Obwohl keine Fahrzeuge mehr auf der Oderallee (heute wieder Lindenstraße) abgestellt werden müssen, weil nun ausreichend Abstellgleise auf der neuen Abstellanlage in Neuberesinchen vorhanden sind, wird die Strecke zum Stadion abends weiterhin nicht bedient. Da Linie 5 nur werktags fährt, wird der Ersatzverkehr für die Linie 2 am Wochenende von 5 bis 19 Uhr von und zum Stadion verlängert.

Stadtbus

Das Busnetz wurde an die Neubaustrecke der Straßenbahn angepasst. So wurde der Busverkehr von Frankfurt nach Markendorf eingestellt. Die Buslinien B und K endeten fortan an der Kopernikusstraße, wo in die Straßenbahn nach Markendorf umgestiegen werden musste. Die Linie B (heute Linie 981) erhielt fast ihre heutige Linienführung zwischen der Kopernikusstraße und dem Hansa-Viertel mit Verlängerung einiger Fahrten zum Industriekomplex Nord am Spitzkrug. Bisher fuhr dorthin die Linie H, die nun in der Linie B aufging und als Linienbezeichnung für einige Jahre verschwand. Die Bedienung des bisher von der Linie B erschlossenen Vorortes Hohenwalde übernahm die Linie C (heute Linie 982), die über ihren Endpunkt Lichtenberg bis zum Klinikum über Hohenwalde und Markendorf verlängert wurde. Am Wochenende endeten einige Fahrten der Linie C nicht am Bahnhof, sondern fuhren ab der Haltestelle Rathenaustraße (heute Otto-Nagel-Straße) als Linie K (heute Linie 987) weiter ins Hansa-Viertel zur Lennéstraße. Neu war ein 15-Minuten-Takt bei den Buslinien B und K als Verknüpfung zur ebenfalls im 15-Minuten-Takt fahrenden Tramlinie 4 zum Halbleiterwerk in Markendorf. Da dieser 15-Minuten-Takt überhaupt nicht zum 20-Minuten-Takt der parallel fahrenden Buslinien A (heute Linie 980) und G (bis 2017 Linie 985) passte, fuhren Busse teilweise kilometerweit direkt hintereinander her. Neu eingerichtet wird für die Buslinien A und B in Richtung Bahnhof die Haltestelle Platz der Einheit (heute Kleist Forum). Beide Linien fuhren schon seit geraumer Zeit zwischen Puschkinstraße und Bahnhof in dieser Richtung nicht mehr über die Große Müllroser Straße zum Bahnhof, sondern über die Leipziger Straße und Heilbronner Straße (beide damals Wilhelm-Pieck-Straße). Da die Wagen hier eine lange haltestellenlose Strecke absolvierten und unweit der neuen Haltestelle das Konsument-Kaufhaus lag, wurde diese Haltestelle nach Fahrgastwünschen eingerichtet.

Straßenbahn ab 22.10.1988
Linie 1 Neuberesinchen - Bahnhof - Platz der Republik - Lebuser Vorstadt
 
Linie 3 (Halbleiterwerk - Bezirkskrankenhaus -) Kopernikusstraße - Friedhof - Bahnhof - Platz der Republik - Lebuser Vorstadt
(nur Montag-Freitag 4-20 Uhr, Halbleiterwerk - Kopernikusstraße nur Mo-Fr 5-7 und 14-17 Uhr)
Linie 4 Halbleiterwerk - Bezirkskrankenhaus - Kopernikusstraße - Friedhof - Bahnhof - Platz der Republik - Große Oderstraße
Linie 5 Neuberesinchen - Bahnhof - Platz der Republik - Stadion
(nur Montag-Freitag 5-20 Uhr)
Linie 6 Neuberesinchen - Bahnhof - Platz der Republik - Große Oderstraße
(nur Montag-Freitag 5:30-7:30 und 13:30-18:30 Uhr)
Linie 7 Halbleiterwerk - Bezirkskrankenhaus - Kopernikusstraße - Friedhof - Neuberesinchen
(nur Montag-Freitag 5-7 und 13:30-17 Uhr)
Stadtbus ab 22.10.1988
Linie SEV Westkreuz - Gerhart-Hauptmann-Straße - Platz der Republik (- Stadion)
(Schienenersatzverkehr; bis Stadion nur Sonnabend, Sonntag, Feiertag von 5-19 Uhr)
Linie  A  (Industriekomplex West - Kinderkrippe Nuhnenstraße -) Ziolkowskiallee - Baumschulenweg - Bahnhof - Karl-Marx-Straße - Lennéstraße - Moskauer Straße - Klingetal - Westkreuz - Meurerstraße
(ab 19 Uhr teilweise erst ab Ziolkowskiallee)
Linie  B  Kopernikusstraße - Ziolkowskiallee - Baumschulenweg - Bahnhof - Karl-Marx-Straße - Kaufhalle Nord - Moskauer Straße (- Industriekomplex Nord)
Linie  C  Bahnhof - Westkreuz - Meurerstraße - Rosengarten - Lichtenberg - Halbleiterwerk - Bezirkskrankenhaus
(nur bis 22 Uhr, Sonnabend bis 23 Uhr)
Linie  D  Bahnhof - Karl-Marx-Straße - Kraftverkehr - Kliestow - Booßen
(nur bis 20 Uhr, Sonnabend bis 23 Uhr)
Linie  F  Bahnhof - Grenzbahnhof (- Güldendorf - Lossow)
 
Linie  G  Bahnhof - Karl-Marx-Straße - Kaufhalle Nord - Klingetal - Industriekomplex West
(nur Montag-Freitag 5-7 und 15-17 Uhr)
Linie  K  Kopernikusstraße - Kinderkrippe Nuhnenstraße - Kaufhalle Nord - Lennéstraße
(nur Montag-Freitag 5-7 und 15-17 Uhr)

Montag-Freitag Sonnabend/Sonntag täglich
04:00
05:00
05:00
08:00
08:00
13:00
13:00
17:00
17:00
20:00
04:00
05:00
05:00
20:00
20:00
22:00
22:00
00:00
1 unr. 15' unr. 15' 20' 30'-40'
3 - 15' - -
4 unr. 15' unr. 15' 20' 30'-40'
5 - 15' - -
6 - 7-8' - 7-8' - - -
7 - 7-8' - 7-8' - - -
SEV unr. 7-8' unr. 15' 20' 30'-40'
 A  unr. 20' 30' 20' 30' unr. 30' 40' 30'-40'
 B  unr. 15' 30' 15' 30' unr. 30' 40' 30'-40'
 G  - 20' - 20' - - -
 K  - 15' - 15' - - -

unr. = unregelmäßiger Takt

Zum Halbleiterwerk und vom Zentrum nach Neuberesinchen fuhren die Bahnen in der Hauptverkehrszeit im 3- bis 4-Minuten-Takt. Nach ihrem Einsatz auf der Linie 7 fuhren einige Züge, weiterhin als Linie 7 beschildert, von 16.30 bis 18 Uhr alle 7-8 Minuten zwischen Neuberesinchen und Große Oderstraße. Zwischen der Innenstadt und Neuberesinchen verdichteten diese Zusatzzüge auf 24 Fahrten pro Stunde und Richtung. Alle 2 bis 3 Minuten fuhr damit eine Bahn nach Neuberesinchen. Zum Schichtwechsel im Halbleiterwerk gegen 22 Uhr und am Wochenende gegen 6 und 22 Uhr fuhren zusätzliche Züge auf den Linien 4 und 7.

Straßenbahnverkehr zum Westkreuz eingestellt

Die Strecke zum Westkreuz (heute Messegelände) wurde wegen des vernachlässigten Gleisbettes vorübergehend stillgelegt. Zwar wurde das Teilstück von der Bahnhofstraße bis zur Kantstraße erst 1982/1983 saniert, aber der nachfolgende Abschnitt befindet sich in zu schlechtem Zustand. In der Regionalpresse hieß es zur Vernachlässigung der Strecke, dass die Bauarbeiten im neuen Betriebshof und an der Strecke nach Markendorf sämtliche Kapazitäten gebunden hätten. Kapazitäten für die Erneuerung der Strecke zum Westkreuz wurden erst ein Jahr später frei, so lange schlummerte die Strecke vor sich hin. Linie 2 wurde im Ersatzverkehr gefahren, Linie 5 zum Stadion umgeleitet. Heutzutage kaum mehr vorstellbar, beim Einsatz von Standard- statt Gelenkbussen auf dem Ersatzverkehr für die Linie 2 waren die Busse trotz 7-8-Minuten-Takt oft so überfüllt, dass schon an der ersten Haltestelle (Platz der Republik) nicht alle Fahrgäste mitgekommen sind.

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