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Sonntag, 22. Januar 2006

Die Meinung der Frankfurter Bürger zum Ausbau der Straßenbahn ist eindeutig. 83% der an der Abstimmung Teilnehmenden votierten gegen den Netzausbau. Die Beteiligung lag mit etwa 30% unerwartet hoch, bei Außentemperaturen von minus 10 Grad. Die Stadtverordnetenversammlung soll über das weitere Vorgehen entscheiden. Eine Buslinie wurde von der polnischen Seite stets abgelehnt.

Die Straßenbahn sollte bis auf die Investitionskosten keine Zusatzkosten verursachen, weil man die bestehende Linie in die Lebuser Vorstadt kostenneutral umleiten wollte. Bindenden Charakter hatte das Ergebnis der Abstimmung zwar nicht, Oberbürgermeister Patzelt (CDU) hielt das Projekt der grenzüberschreitenden Straßenbahn kurz nach der Abstimmung dennoch für auf Jahre gestorben.

In ersten Reaktionen aus dem Frankfurter Rathaus zeigten sich die Befürworter des Straßenbahnausbaus erwartungsgemäß enttäuscht, die Gegner waren - wenig überraschend - zufrieden. Erstaunt hat einige Frankfurter Politiker die relativ hohe Abstimmungsbeteiligung. Das zeigt, dass die Menschen mitreden wollen, zitiert die Märkische Oderzeitung PDS-Chef Axel Henschke.

Für die Bürgerumfrage wurden 58.000 Stimmzettel gedruckt, 38 Abstimmungslokale waren von 10 bis 18 Uhr geöffnet. An mehreren Terminen konnten die Bürger in den Monaten zuvor ihre Fragen auf öffentlichen Veranstaltungen mit Vertretern der Stadt und des Verkehrsbetriebes stellen. Die Haushalte erhielten ein Flugblatt mit entsprechenden Informationen zur Abstimmung und zum Netzausbau. Frankfurt (Oder) und die polnische Stadt Słubice, die bis Kriegsende ein Frankfurter Stadtteil war, wollten die Straßenbahn über die Oder wieder beleben - bis 1945 war der damalige Stadtteil bereits an das Frankfurter Straßenbahnnetz angeschlossen.

Seit Anfang der 1990er Jahre wurde eine Nahverkehrsverbindung zwischen den Schwesterstädten hitzig diskutiert. Lange Zeit wurde eine Busverbindung favorisiert. Seit etwa 2001 allerdings wurde von politischer Seite die Straßenbahn bevorzugt. Eine Studie ermittelte schließlich, dass die Straßenbahn den Verkehr günstiger bewältigen könnte als ein Bus. Auf die Stadt Frankfurt wären beim Ausbau Kosten in Höhe von etwa 800.000 Euro zugekommen, Dank Förderung durch Europäische Union, Bund und Land. Profitiert hätten neben den 65.000 Frankfurtern vor allem die 20.000 Słubicer, deren Kommune den Großteil der Investitionen zu tragen gehabt hätte.

Fast die gesamte Neubaustrecke hätte im polnischen Teil der Stadt gelegen, Investitionen und Betriebskosten wollte der polnische Partner anteilig tragen. Bei den Słubicern war das Projekt trotz deutlich höherer Kosten nie auch nur ansatzweise so umstritten wie auf deutscher Seite. Am 3. Februar 2005 hatten Frankfurts Stadtverordnete den Netzausbau bereits beschlossen, wenige Monate später aber tauchten neue Zahlen zu den Kosten auf. Die PDS schlug daraufhin eine Bürgerbefragung zum Projekt vor.