Depots
21 Feb 2015
Betriebshöfe | Zajezdnie
Betriebshof und Elektrizitätswerk Bachgasse
Betriebshof Bachgasse um 1960
Im Jahr 1898, mit Aufnahme des elektrischen Straßenbahnbetriebes in Frankfurt (Oder), wurde der Betriebshof in der Bachgasse, direkt in der Innenstadt gelegen, eingeweiht. Nach jahrelangen Diskussionen, welche Antriebsart eine Straßenbahn in Frankfurt erhalten sollte, lag der Stadt 1896 ein gutes Angebot der Allgemeinen Elektricitäts Gesellschaft (AEG) vor. Man erwarb ein geeignetes Grundstück zur Anlage eines Straßenbahnbetriebshofes nebst einer Kraftstation an der
Der älteste Teil des Betriebshofes ist der heute von der Museumswerkstatt genutzte westliche Teil des Depots. Am 20. Dezember 1897 nahm das Elektrizitätswerk seine Arbeit auf, und kurz vor Weihnachten brannte erstmals elektrisches Licht mit Strom aus Frankfurts erstem E-Werk. Schon mit der Beschaffung weiterer Triebwagen wurde kurz vor der Jahrhundertwende ein Ausbau des Betriebshofes nötig und bereits Anfang 1899 von der AEG beantragt. Nur etwa 100 Meter von der Oder entfernt gelegen, war dieser Betriebshof aber auch immer wieder während der Oderhochwasser nicht nutzbar. Fahrzeuge und Werkstatt mussten dann ausgelagert werden, die Bahnen wurden bei Hochwasser auf höher gelegenen Streckenabschnitten abgestellt.
In den 1920er Jahren erfolgte der Bau einer neuen Wagenhalle, das Netz und das Fahrtenangebot wurden inzwischen so stark ausgeweitet, dass sich der Wagenbestand seit dem Gründungsjahr mehr als verdoppelt hat. Waren 1898 noch 31 Trieb- und Beiwagen vorhanden, so weist die Statistik für 1927 bereits 73 Fahrzeuge aus. Hinzu kamen 7 Arbeitswagen. Im November 1930 suchte ein verheerendes Hochwasser die Stadt heim, der Pegelstand der Oder erreichte 5,35 m über Normal, die Innenstadt und auch der Betriebshof waren überflutet. In den 1940er Jahren hatte der Betriebshof 15 Gleise, ein Gleis in die Werkstatt und ein Gleis zur Schlosserei an der Fischerstraße. Ein Bombentreffer vor dem Depot hatte 1945 die Zufahrt zu den Wagenhallen und zur Werkstatt unmöglich gemacht. Im März 1947 stand das Depot bei einem schweren Hochwasser erneut unter Wasser.
Betriebshof Bachgasse mit Gotha-Wagen 48 im Jahr 1984
In den 1950er und 1960er Jahren stagnierte die Entwicklung der Frankfurter Straßenbahn. Ihr Fortbestand war lange Zeit nicht gesichert. Erst Anfang der 1970er Jahre setzte eine Wende ein. Mit dem Wachsen des Netzes vor allem ab Ende der 70er Jahre wurde es unmöglich, während der Betriebspausen alle Fahrzeuge in den Wagenhallen abzustellen. Es wurden daher mehr und mehr Gleise benötigt, auf denen Fahrzeuge im Freien abgestellt werden konnten. In den 1980er Jahren waren das vor allem das stadteinwärts führende Gleis der Strecke zum Stadion und das Gleisdreieck Johann-Eichorn-Straße (damals Straße des Roten Oktober). Dieses Gleisdreieck wurde bis 1988 nicht für Linienfahrten und auch nicht für Ein- oder Aussetzer benötigt.
Die Strecke zum Stadion war durch das Abstellen der Wagen aber nur noch eingleisig befahrbar. Mittels Ausweichen auf Höhe der Gertraudkirche und an der Kuppelendstelle am Stadion fuhren die Züge der Linie 2 an den abgestellten Fahrzeugen vorbei. Auch ein nicht mehr genutztes Gleis am Carthausplatz (damals Platz der Deutsch-Polnischen-Freundschaft) wurde zum Abstellen vorübergehend nicht benötigter Wagen genutzt. Ferner wurde bereits Mitte der 80er Jahre am Mühlenweg (damals Dimitroffallee) ein Gleisdreieck zum geplanten neuen Betriebshof Neuberesinchen errichtet. Auch dort standen die Fahrzeuge dicht gedrängt. Ebenfalls auf freier Strecke wurden zwischen den Haltestellen Südring und Kopernikusstraße und zwischen Wintergarten und Mühlenweg Fahrzeuge abgestellt. Für all diese Abstellflächen galt: die Wagen standen ungeschützt im Freien.
Anfang der 1980er Jahre begannen halbherzige Modernisierungen im Betriebshof Bachgasse. Dabei entstand 1985 auch die Wendeschleife Große Oderstraße (heute Europa-Universität). Bei ihrem Bau wurde die Zufahrt zu Wagenhalle und Werkstatt geändert. Statt von Westen, führten die Gleise nun von Osten in die Hallen, so dass die Bahnen rückwärts in die Anlage einfuhren. Im Eigenbau entstand eine kleine Waschanlage für die Wagen. Dass die Arbeitsbedingungen im mehr als 80 Jahre alten Betriebshof mehr schlecht als recht waren, zeigt ein einstündiger Streik vom 6. Dezember 1989.
Die Beschäftigten der Wagenwerkstadt wollten mit ihrem Warnstreik auf die unzureichenden Arbeitsbedingungen aufmerksam machen. Die Heizung war so schwach, dass im Winter auch in den Hallen nur in dicken Wattejacken gearbeitet werden konnte. Es fehlte an einfachsten Arbeitsmitteln wie Phasenprüfern, selbst Bohrmaschinen waren nicht in ausreichender Anzahl vorhanden. Die Schlosser arbeiteten an einer 91 Jahre alten Radsatzdrehbank aus dem Eröffnungsjahr der Frankfurter Straßenbahn 1898. Die Dachentwässerung war trotz der seit den frühen 80er Jahren laufenden Sanierung so marode, dass Regenwasser direkt in die Hallen lief. Zahlreiche Hilfsmittel waren wegen fehlender Ersatzteile nicht funktionstüchtig. Eine für Lackierarbeiten 1989 umgebaute Halle bekam keine Entlüftung. Schwermetallhaltige Batterien wurden unter gesundheitsgefährdenden Bedingungen neu geladen. Batteriesäure wurde nicht entsorgt, sondern jahrelang in Fässern auf dem Gelände gelagert. Öl wurde in Regenabflüsse und damit direkt in die benachbarte Oder gepumpt. Wie so oft im damals kommunistisch regierten Teil Deutschlands, wurde vor allem hinter den Kulissen gespart. Wer erlebt hat, wie es vor den Kulissen aussah, ahnt was das für nicht sichtbare Betriebe wie die Wagenwerkstatt bedeutete.
Zu erreichen ist der alte Betriebshof über die Haltestelle Europa-Universität.
Betriebshof Neuberesinchen
Abstellanlage Neuberesinchen im Jahr 1993
Neben den erwähnten Nachteilen des Betriebshofes in der Bachgasse, gab es einen weiteren Grund für einen Umzug des Depots. Direkt in der Innenstadt gelegen, konnte der gründerzeitliche Bau nicht erweitert werden. Man fand daher einen Platz, der Raum für ein großzügiges Depot bot. Kurz vor der Endstelle Neuberesinchen konnte über einen kurzen Abzweig ein solches Gelände erreicht werden. Zwar ist die Lage des neuen Standortes weniger zentral und die Endpunkte Westkreuz und Lebuser Vorstadt waren nun weiter vom Betriebshof entfernt, aber die Lage hinter dem einwohnerstarken Stadtteil Neuberesinchen hatte auch Vorteile. Ein- und Ausrücker konnten für Fahrgastfahrten von und nach Neuberesinchen genutzt werden. Dadurch entfallen unwirtschaftliche Leerfahrten vor allem für die Linien Neuberesinchens. Die hohe Lage macht den Betriebshof, anders als den alten Betriebshof unweit der Oder, für das Oderhochwasser unerreichbar.
Im Jahr 1984 begannen die Bauarbeiten. Zur Eröffnung der Straßenbahnstrecke nach Markendorf im Oktober 1988 konnte auf dem Gelände des heutigen Betriebshofes Neuberesinchen zumindest eine riesige Abstellfläche für Straßenbahnen in Betrieb genommen werden. Damit konnte das abstellen von Fahrzeugen im Streckennetz aufgegeben werden. Das Gleisdreieck an der Johann-Eichorn-Straße wurde inzwischen auch von der Linie 7 täglich zwischen 4 und 22.30 Uhr benutzt und konnte somit nicht mehr mit Bahnen zugestellt werden. Doch mehr als eine unüberdachte Abstellanlage war der heutige Betriebshof zu diesem Zeitpunkt noch nicht.
Neuer Betriebshof in Neuberesinchen
Im Jahr 1992 wurde die Abstellanlage am Standort des heutigen Betriebshofes mit einer Waschanlage ausgestattet, ab 1993 wurden auch die Busse der inzwischen gegründeten Stadtverkehrsgesellschaft (SVF) hier abgestellt. 1999 konnte der Betriebshof vollständig in Betrieb genommen werden und es erfolgte der Umzug vom Depot in der Bachgasse. Dort befindet sich heute unter der Obhut des Historische Straßenbahnen Frankfurt (Oder) e.V. die Sammlung historischer Fahrzeuge. Heute befinden sich neben den Wagenhallen für die Straßenbahnen und Busse am Standort Neuberesinchen auch die Werkstatt und die Leitstelle der SVF. Im Sommer 2002 wurde außerdem eine Erdgastankstelle errichtet, setzt die SVF doch seit 2003 fast ausschließlich Erdgasbusse ein.
Zu erreichen ist der Betriebshof in der Böttnerstraße 1 mit dem Auto über die Güldendorfer Straße oder die Darjesstraße. Die nächstgelegenen Haltestellen sind Betriebshof SVF, Mühlenweg und Mühlental.
Gleisplan Betriebshof Neuberesinchen
Anders als im Betriebshof an der Bachgasse, können die Bahnen ohne Rückwärtsfahrten von hinten in die Hallen einfahren und stehen dann in Fahrtrichtung bereit zum ausrücken. Über eine Gleisschleife (Gleis 20) können Positionen von Fahrzeugen im Betriebshof ohne Rückwärtsfahrten geändert werden. Ebenfalls hier angesiedelt ist die Leitstelle für Bus und Bahn, über die der Standort jedes einzelnen Fahrzeuges auf Monitoren überwacht werden kann.